Zinsen ohne Ende?

Die letzten beiden Monate haben die gute Marktentwicklung in diesem Jahr zu einem Großteil wieder zunichte gemacht. Auslöser hierfür waren die Notenbanken, die nicht nur die Zinsen weiter angehoben haben, sondern auch kommunizierten, dass die Zinssätze länger auf dem aktuellen Niveau verharren könnten als bislang geplant.

Dieses sogenannte „higher for longer“-Szenario sorgte dafür, dass sich Anleger aus den Märkten zurückzogen. Diese Investoren befürchteten, dass die (dauerhaft) höheren Zinsen letztendlich doch dafür sorgen könnten, dass die globale Wirtschaft in schwerere Gewässer gerät.

Nicht nur der Aktienmarkt war von dieser Entwicklung betroffen, sondern auch die festverzinslichen Papiere. Anfang des Jahres haben viele Ökonomen noch das „Jahr der Anleihen“ prophezeit – doch jetzt stehen per Ende September seit Jahresbeginn unter dem Strich sogar Kursverluste.

Ist die Lage denn wirklich so dramatisch?

Auf den ersten Blick überwiegen aktuell die pessimistischen Einschätzungen. Es ist an der Börse in den letzten Jahren oft so, dass entweder alles sehr gut oder total schlecht gesehen wird; oftmals mit den entsprechenden Marktreaktionen.

In den letzten Monaten gewann wieder das pessimistische Denken die Oberhand. Der Zinsanstieg geht nicht nur immer weiter, sondern hält auch länger als gedacht an. Gerade in Deutschland lässt das Wirtschaftswachstum nach, in ganz Europa wird aktuell sogar mit einem leichten Rückgang gerechnet.

Und auch auf dem politischen Parkett gab es einen Dämpfer. Erstmalig in der US-Geschichte wurde ein Mehrheitsführer des Senats mit Hilfe der eigenen Partei vorzeitig aus dem Amt gejagt. Eine Handvoll von Republikaner-Hardlinern hat – übrigens mit Unterstützung der Demokraten – des Senatsführer McCarthy aus dem Amt geworfen.

Erst wenige Tage zuvor hatte dieser eine vorläufige Einigung im drohenden US-Haushaltsstreit herbeigeführt. Diese hat zwar weiterhin Bestand, aber die weitere politische Arbeit in Washington dürfte zunächst deutlich erschwert werden.

Aber bildet diese Sichtweise die Lage wirklich vollständig ab? Wir sind der Meinung, dass dies nicht der Fall ist.

Ja – die Zinsen sind stärker als erwartet gestiegen. Und die Inflation ist deutlich hartnäckiger als anfangs vermutet. Und die konjunkturelle Abschwächung – durch die höheren Zinsen – ist mittlerweile ebenfalls sichtbar.

Aber dies ist genau der Effekt, den die Notenbanken mit den Zinserhöhungen erreichen wollen. Die Notenbanken sind also auf dem besten Weg, ihre Ziele zu erreichen. Momentan sieht es sogar so aus, als ob der Weg ins Ziel dahin führt, dass es „nur“ eine kleine Wachstumseintrübung gibt und keine echte Rezession – weder in Europa noch in den USA. Die Unternehmen schlagen sich nach wie vor gut in diesem schwierigen Umfeld, auch wenn die Lage in den letzten zwei Monaten herausfordernder wurde.

Und last but not least sehen wir mittlerweile auch Fortschritte in der Inflationsbekämpfung. Die Teuerungsraten sanken zuletzt in der EU und auch in Amerika deutlich stärker als erwartet.

In den letzten Wochen haben Investoren die Sicht vertreten, dass von den Unternehmen in diesem Jahr nicht mehr viel zu erwarten ist, obwohl dies durch keine handfesten Daten belegbar wäre. Die Chance für positive Überraschungen sind also wieder gestiegen.

Sollten die Konzerne in der kommenden Berichtssaison zeigen können, dass die Gewinne weiterhin stabil bleiben, ist der Boden für eine gute Entwicklung bis zum Jahresende gelegt.

Und auch die Auswirkungen der jüngsten US-politischen Entscheidungen dürften sich auf längere Sicht in Grenzen halten. Im kommenden Jahr finden die Präsidentschaftswahlen statt.

In diesen Jahren werden in der Regel Wahlgeschenke verteilt und keine Wähler verprellt, indem man hunderttausenden von Staatsbediensteten durch einen möglichen Shutdown kein Gehalt zahlt. Dies ist auch ein Grund dafür, weshalb Wahljahre in den USA historisch betrachtet zu den mehrheitlich guten Börsenjahren zählen.

Ihr
DGK & Co. Vermögensverwaltungsteam

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